Bundesgerichtshof
Urteil vom 11.04.2002, - I ZR 317/99 -
vossius.de
Amtlicher Leitsatz:
1. Ist ein Namensträger nach
dem Recht der Gleichnamigen verpflichtet,
seinen Namen im geschäftlichen Verkehr nur mit einem unterscheidenden
Zusatz
zu verwenden, folgt daraus nicht zwingend das Verbot, den Namen als
Internet-Adresse zu verwenden. Vielmehr kann eine mögliche Verwechslungsgefahr
auch auf andere Weise ausgeräumt werden. So kann der Internetnutzer
auf der ersten sich öffnenden Seite darüber aufgeklärt werden,
daß es sich
nicht um die Homepage des anderen Namensträgers handelt, zweckmäßigerweise
verbunden mit einem Querverweis auf diese Homepage.
2. Kann der Inhaber eines Unternehmenskennzeichens einem Dritten die Verwendung
dieses Zeichens als Domain-Name im geschäftlichen Verkehr verbieten,
kommt ein auf Löschung der Registrierung gerichteter Beseitigungsanspruch
nur in Betracht, wenn der Dritte kein berechtigtes Interesse vorweisen
kann, diesen Domain-Namen außerhalb des sachlichen oder räumlichen
Wirkungsfelds
des kennzeichenrechtlichen Anspruchs - etwa für private Zwecke
oder für ein Unternehmen in einer anderen Branche - zu verwenden.
3.Ein Rechtsanwalt, der durch die Bezeichnung seiner Kanzlei die Rechte eines
Wettbewerbers verletzt hat, ist im Hinblick auf die ihn treffende Verschwiegenheitspflicht
grundsätzlich nicht verpflichtet, im Rahmen einer zur Schadensberechnung
dienenden Auskunft die Namen seiner Mandanten zu offenbaren.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts München vom 16. September 1999 unter Zurückweisung
der weitergehenden Revision im Kostenpunkt und in dem
Umfang aufgehoben, der sich aus der nachstehenden Abänderung ergibt:
Auf die Berufung der Beklagten und auf die in der Klageänderung
liegende Anschlußberufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts
München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 19. August 1998 unter
Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen abgeändert und insgesamt
wie folgt neu gefaßt:
1. Die Beklagten werden unter Androhung eines für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr als Internet-Adresse die Domain-Namen“
vossius.de” oder “vossius.com” zu benutzen, falls nicht
dem Benutzer
auf der ersten sich öffnenden Internet-Seite der Beklagten deutlich
gemacht wird, daß es sich nicht um die Homepage der Kläger handelt.
2. Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen,
seit wann und in welchem Umfang sie den Domain-Namen “vossius.de” benutzen.
3. Es wird festgestellt, daß die Beklagten den Schaden zu ersetzen
haben, der den Klägern daraus entstanden ist oder noch entstehen wird,
daß die Beklagten den Domain-Namen “vossius.de” benutzt haben.
4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Aus dem Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Berechtigung an den Domain-Namen “vossius.
de” und “vossius.com”.
Der 1927 geborene Beklagte zu 1 ist ein bekannter Patentanwalt. Aus der
von ihm betriebenen Patentanwaltskanzlei ist die heute von den Klägern geführte
Kanzlei entstanden, der er bis 1992 angehörte. Diese Kanzlei, die nicht
zuletzt
aufgrund der Reputation des Beklagten zu 1 auch international einen guten Ruf
genoß, führte zunächst in der Kanzleibezeichnung die Namen sämtlicher
Sozien
beginnend mit “Vossius”, dem Nachnamen des Beklagten zu 1. 1986 verständigten
sich die Sozien darauf, künftig nur noch die Bezeichnung “Vossius & Partner”zu führen.
Am 1. März 1989 schlossen der Beklagte zu 1 und die Kläger zu 1 bis
6 einen
Sozietätsvertrag, der auch eine Regelung über die Kanzleibezeichnung
enthält.
Dabei lag auf beiden Seiten die Vorstellung zugrunde, der Beklagte zu 1
werde nach seinem Ausscheiden aus der Kanzlei nicht mehr als Patentanwalt tätig
sein. In § 1 Abs. 2 des Vertrages heißt es:
Die Sozietät führt folgenden Briefkopf: Vossius & Partner Patentanwälte.
European
Patent Attorneys. Die Sozien werden in der Reihenfolge dieses Vertragsrubrums
...
untereinander aufgeführt. Neu aufgenommene Sozien setzen die Reihe fort.
Der Sozius
zu 1 [Beklagter zu 1] gibt sein Einverständnis zur Weiterführung seines
Namens
im Briefkopf auch nach seinem Ausscheiden.
Ende 1989 kündigte der Beklagte zu 1 den Sozietätsvertrag zum 30. Juni
1990. Durch Vertrag vom 29. Juni 1990 einigten sich die Sozien jedoch auf ein
Ausscheiden des Beklagten zu 1 zum 30. Juni 1992. Seit dessen Ausscheiden
verwenden die Kläger für ihre inzwischen von einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts in eine Partnerschaftsgesellschaft umgewandelte Sozietät weiterhin
die
Kanzleibezeichnung
VOSSIUS & PARTNER
PATENTANWÄLTE · EUROPEAN PATENT ATTORNEYS.
Entgegen seiner ursprünglichen Absicht trat der Beklagte zu 1 am 1. Juli
1992 als Sozius in die im April 1992 von seiner Schwiegertochter und seinem
Sohn, den Beklagten zu 2 und zu 3, gegründete Rechtsanwaltskanzlei ein.
Diese
Sozietät führt seit Ende 1992 die Bezeichnung
DR. VOLKER VOSSIUS
PATENTANWALTSKANZLEI · RECHTSANWALTSKANZLEI.
Der Beklagte zu 1, der der Ansicht ist, die von ihm gegenüber den Klägern
zu 1 bis 6 ausgesprochene Gestattung, seinen Namen als Kanzleibezeichnung
weiterzuführen, sei ohnehin unwirksam, widerrief im April 1998 gegenüber
den
Klägern “jede etwa noch bestehende Gestattung zur Führung meines
Namens”.
Im Februar 1999 kündigte er “jegliche etwa (noch) bestehende Gestattungsvereinbarung
zur Führung des Namens 'Vossius', insbesondere in der Bezeichnung
'Vossius & Partner'”.
Im März 1997 ließ der Beklagte zu 3 für die Sozietät der
Beklagten den Domain-
Namen “vossius.de” registrieren. Unter dieser Internet-Adresse waren
in der
Folge Informationen über die Kanzlei der Beklagten zu finden. Eine Kontaktaufnahme
war unter der E-Mail-Adresse “kanzlei@vossius.de” möglich. Im
Frühjahr
1998 ließ der Beklagte zu 3 unter seiner Privatanschrift den Domain-Namen “vossius.
com” registrieren und richtete eine Homepage ein, von der ein Querverweis
auf die Internetseiten der Kanzlei der Beklagten führte.
Die Kläger verwenden seit Februar 1998 die Domain-Namen “vossiuspartner.
de” und “vossiusundpartner.de” sowie “vossiuspartner.com” und “vossiusandpartner.
com”.
Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagten verletzten
durch die Verwendung der Domain-Namen “vossius.de” und “vossius.com” sowie
durch die E-Mail-
Adresse “kanzlei@vossius.de” die ihnen an der Bezeichnung “Vossius & Partner” zustehenden Namensrechte. Sie haben zuletzt beantragt,
1. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu
unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr als Internet-Adresse die Domain-Namen“
vossius.de” und/oder “vossius.com” sowie als E-mail-Adresse“
kanzlei@vossius.de” zu benutzen;
2. die Beklagten zu verurteilen, gegenüber der DENIC ... auf die Inhaberschaft
an
dem Domain-Namen “vossius.de” und gegenüber der Network Solutions,
Inc. ...
auf die Inhaberschaft an dem Domain-Namen “vossius.com” zu verzichten
und der
Löschung dieser Domain-Namen zuzustimmen;
3. die Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, seit wann
und in welchem
Umfang sie den Domain-Namen “vossius.de” benutzen, in welchem Umfang
hierüber Kontakt zu späteren Mandanten entstanden ist und welche
Honorareinnahmen sie hierdurch erzielt haben unter Angabe des Datums der jeweiligen
Kontaktaufnahme und der Höhe der durch die entsprechenden Mandate erzielten
Honorareinnahmen;
4. festzustellen, daß die Beklagten den Klägern den Schaden zu ersetzen
haben, der
diesen aus der Benutzung des Domain-Namens “vossius.de” und der
E-mail- Adresse “kanzlei@vossius.de” entstanden ist und/oder noch entstehen
wird.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben in erster Linie
eine Berechtigung der Kläger in Abrede gestellt, die Kanzleibezeichnung “Vossius&
Partner” zu verwenden. Im übrigen verfüge der Beklagte zu 1 über
die älteren
Namensrechte. Den Beklagten könne ferner nicht verwehrt werden, den eigenen
Familiennamen im geschäftlichen Verkehr zu verwenden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Verurteilung den in zweiter
Instanz
geringfügig geänderten Klageanträgen angepaßt (OLG München
ZUM-RD
1999, 474 = K&R 1999, 570).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit
der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Aus den Entscheidungsgründen:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Kläger berechtigt
seien,
den Namen “Vossius” in ihrer Kanzleibezeichnung zu führen. Dieses
Recht
sei weder durch die Umwandlung der Sozietät von einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts in eine Partnerschaftsgesellschaft noch durch den Widerruf und die
Kündigung erloschen, die der Beklagte zu 1 im April 1998 und im Februar
1999
erklärt habe. Im Hinblick auf die Berechtigung der Kläger, die Kanzleibezeichnung“Vossius & Partner” zu führen, müsse sich die Kanzlei der
Beklagten wie eine“prioritätsjüngere” Namensträgerin
behandeln lassen. Ohnehin
seien Verwechslungen
im Hinblick darauf nicht zu vermeiden, daß beide Kanzleien den Namen“Vossius” verwendeten und die Kanzleibezeichnungen daher große Ähnlichkeit
aufwiesen. Mit den Domain-Namen “vossius.de” und “vossius.com” hätten
sich die
Beklagten noch weiter an die Kanzleibezeichnung der Kläger angenähert.
Die
Beklagten seien gehalten, die bestehende Verwechslungsgefahr – soweit möglich–
durch Aufnahme unterscheidungskräftiger Zusätze abzumildern.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
teilweise Erfolg. Ein auf Verzicht und Löschung der fraglichen Domain-Namen
gerichteter
Anspruch steht den Klägern nicht zu. Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz
können sie nur in eingeschränktem Umfang beanspruchen. 1. Zum Unterlassungsantrag:
Den Klägern steht aufgrund ihres Kennzeichenrechts an der Kanzleibezeichnung“
Vossius & Partner” gegenüber den Beklagten ein Unterlassungsanspruch
nach §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG zu. Den Beklagten ist es danach untersagt,
die Domain-Namen “vossius.de” und “vossius.com” im geschäftlichen
Verkehr in
einer Weise zu verwenden, die geeignet ist, Verwechslungen hervorzurufen. Ein
weitergehender Unterlassungsanspruch steht den Klägern dagegen nicht zu.
a) Die Kläger haben an der Kanzleibezeichnung “Vossius & Partner” als
Name der Sozietät bzw. Partnerschaft durch Aufnahme der Benutzung im Jahre
1986 ein Kennzeichenrecht nach § 5 Abs. 2 MarkenG erworben. Dies gilt
ungeachtet der Rechtsform, in der die Sozietät betrieben wird; insbesondere
kann auch der Name, unter dem eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Geschäftsverkehr
auftritt, nach § 5 MarkenG geschützt sein (vgl. Teplitzky in Großkomm.
UWG, § 16 Rdn. 12; anders offenbar BayObLG NJW 1998, 1158, 1159). Dieser
kennzeichenrechtliche Schutz geht in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich
einem parallel dazu bestehenden möglichen Namensschutz aus § 12 BGB
vor
(vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, Umdr. S. 8 f. – shell.de,
zur Veröffentlichung
in BGHZ vorgesehen).
Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal setzt der Schutz aus § 5 MarkenG
einen befugten Gebrauch voraus (vgl. Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens,§
7 Rdn. 4 ff.; zum Merkmal “befugterweise” im früheren§
16 UWG Teplitzky in Großkomm. UWG, § 16 Rdn. 238 ff.; vgl. ferner
Fezer,
Markenrecht, 3. Aufl., § 15 MarkenG Rdn. 116; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15
Rdn. 12). Im Streitfall können sich die Kläger auch im Verhältnis
zu den Beklagten
als Träger des Familiennamens Vossius auf ihr Kennzeichenrecht berufen.
Denn
entgegen der Auffassung der Revision sind die Kläger berechtigt, die Kanzleibezeichnung“
Vossius & Partner” zu führen. Dies hat der Senat im Rechtsstreit
I ZR 195/99 durch Urteil vom 28. Februar 2002 (“VOSSIUS & PARTNER”)
entschieden.
Danach hat es der Beklagte zu 1 den Klägern durch die Vereinbarung
vom 1. März 1989 wirksam gestattet, seinen Namen in ihrer Kanzleibezeichnung
auch nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät zu führen. Diese auf
unbegrenzte
Zeit ausgesprochene Gestattung ist weder durch Widerruf oder Kündigung
seitens des Beklagten zu 1 noch durch die inzwischen erfolgte Umwandlung
der Sozietät in eine Partnerschaftsgesellschaft beendigt worden.
b) Den Beklagten ist es nach §§ 5, 15 MarkenG untersagt,
die Domain- Namen “vossius.de” und “vossius.com” im
geschäftlichen
Verkehr in einer Weise
zu verwenden, daß es zu Verwechslungen mit den Klägern kommen
kann.
aa) Die Kanzleibezeichnung “Vossius & Partner”, aus
der die Kläger
Schutz
beanspruchen, wird durch den Eigennamen Vossius geprägt. Dieser Bestandteil
der Kanzleibezeichnung stimmt mit dem prägenden Teil der beanstandeten
Domain- Namen überein, die ebenfalls für das Angebot einer Patent-
und Rechtsanwaltskanzlei verwendet werden.
bb) Der Streitfall zeichnet sich allerdings durch die Besonderheit aus,
daß der übereinstimmende, jeweils prägende Bestandteil der sich gegenüberstehenden
Bezeichnungen der Familienname der Beklagten ist. Das Berufungsgericht
hat zutreffend darauf abgestellt, daß die Beklagten nach dem Recht
der Gleichnamigen
verpflichtet sind, in ihrem Auftreten, insbesondere mit ihrer Kanzleibezeichnung,
einen hinreichenden Abstand zur Kanzleibezeichnung der Kläger zu
halten. Zwar kann den Beklagten nicht verwehrt werden, sich als Patent-
oder
Rechtsanwälte unter ihrem bürgerlichen Namen zu betätigen
(vgl. zum Recht der
Gleichnamigen BGH, Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, Umdr. S. 13 – shell.de,
m.w.N.). Sie trifft aber eine Pflicht zur Rücksichtnahme, weil sie
erst seit 1992 den
Namen “Vossius” in Alleinstellung benutzen, während die Kanzlei
der Kläger bereits
seit 1986 als “Vossius & Partner” firmiert (vgl. OLG München
WRP 1993,
708).
cc) Dieser Pflicht zur Rücksichtnahme kann dadurch genügt werden,
daß die Beklagten ihrem Namen in der Internet-Adresse
einen unterscheidenden Zusatz
beifügen (z.B. “volkervossius.de”). Der Gefahr einer
Verwechslung, die bei
Verwendung der Domain-Namen besteht, kann aber auch auf andere Weise
begegnet
werden.
(1) Mit den beanstandeten Domain-Namen haben die Beklagten
nicht hinreichend Abstand von der Kanzleibezeichnung der Kläger gehalten. Zwar ist esü
blich, daß als Domain-Namen Kurzformen der sonst verwendeten vollständigen
Namen oder Geschäftsbezeichnungen registriert werden. Interessenten,
die die
Internetseiten der Beklagten suchen, werden sie in erster Linie unter
den eingerichteten
Adressen “vossius.de” oder “vossius.com” vermuten. Gleichwohl
können
die Kläger grundsätzlich auf die Einhaltung des vorhandenen
Abstands bestehen.
Denn auch bei ihrer Kanzleibezeichnung liegt als Internet-Adresse “vossius.de” oder “vossius.com” nahe.
(2) Das Rücksichtnahmegebot führt indessen nicht dazu, daß die
Beklagten
die Domain-Namen “vossius.de” und “vossius.com” als Adresse
für ihren Internetauftritt
zwingend aufgeben müssen. Die in Fällen der Gleichnamigkeit
vorzunehmende Abwägung der Interessen der Beteiligten (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001–
I ZR 138/99, Umdr. S. 13 ff. – shell.de, m.w.N.) gebietet es vielmehr,
auch mildere
Mittel als ein Verbot in Erwägung zu ziehen. So können die
Beklagten das
Gebot der Rücksichtnahme auch auf andere Weise unter Beibehaltung
des Domain-
Namens “vossius.de” oder “vossius.com” erfüllen,
indem sie auf der ersten
Internetseite, die sich für den Besucher öffnet, deutlich machen, daß es
sich nicht
um das Angebot der Kanzlei “Vossius & Partner” handelt, und zweckmäßigerweise–
wenn die Kläger an einem solchen Hinweis interessiert sind – zusätzlich
angeben,
wo dieses Angebot im Internet zu finden ist (vgl. zur Vermeidung
einer Irreführung
BGHZ 148, 1, 7 u. 13 – Mitwohnzentrale.de).
(3) Die Einschränkung des Unterlassungsgebots ist
im Urteil auszusprechen (“... falls nicht dem Benutzer auf der ersten sich öffnenden
Internet-Seite der Beklagten
deutlich gemacht wird, daß es sich nicht um die Homepage der Kläger
handelt”). Zwar ist es grundsätzlich nicht Sache des Gerichts,
dem Verletzer Wege
aufzuzeigen, die aus dem Verbot herausführen (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.1991–
I ZR 284/89, GRUR 1991, 860, 862 = WRP 1993, 469 – Katovit, m.w.N.;
Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 51 Rdn. 25). Dies
gilt aber nur, wenn das Verbot die konkrete Verletzungsform beschreibt.
Ist es – wie
im Streitfall – abstrakt gefaßt, müssen derartige Einschränkungen
in den Tenor
aufgenommen werden, um zu vermeiden, daß auch erlaubte Verhaltensweisen
vom Verbot erfaßt werden.
dd) Die Unterlassungsverpflichtung trifft nicht nur den
Beklagten zu 3, der
die beiden beanstandeten Domain-Namen angemeldet hat, sondern
auch die Beklagten
zu 1 und zu 2 als seine Partner. Dies gilt ohne weiteres für den
Domain- Namen “vossius.de”, den der Beklagte zu 3 für die Sozietät
angemeldet hat und
der von der Sozietät verwendet worden ist. Was den Domain-Namen “vossius.
com” angeht, haften die Beklagten zu 1 und zu 2 zumindest als Störer.
Nachdem
sie Kenntnis von den Internetauftritten erhalten haben, steht
es innerhalb der
Sozietät in ihrer Macht, dem Beklagten zu 3 das entsprechende Verhalten
zu untersagen.
c) Die Kläger können dagegen nicht beanspruchen, daß die
Beklagten die
Verwendung der E-Mail-Adresse “kanzlei@vossius.de” unterlassen.
Wäre den Beklagten die Verwendung des Domain-Namens “vossius.de” im
geschäftlichen Verkehr zu untersagen, wäre davon die Benutzung
einer abgeleiteten
E-Mail-Adresse ebenfalls erfaßt. Im Streitfall kommt dagegen eine
Untersagung nur in Betracht, wenn sich bei Verwendung der beanstandeten
E-Mail-
Adresse eine selbständige Verwechslungsgefahr ergäbe. Dies
ist indessen nicht
der Fall. Der Inhaber einer E-Mail-Adresse weist auf sie
im allgemeinen nicht isoliert,
sondern – wie auf dem Briefkopf oder auf einer Visitenkarte – im
Zusammenhang
mit weiteren Namens- und Adressenangaben hin. Für eine theoretisch
denkbare isolierte Verwendung – beispielsweise in einer Werbeanzeige,
in der
der Werbende selbst nicht genannt, sondern allein seine E-Mail-Adresse
zur
Kontaktaufnahme angegeben ist – bestehen im Streitfall keinerlei
Anhaltspunkte. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es auch auszuschließen, daß sich
(potentielle) Mandanten, die sich auf elektronischem Wege
an die Kläger
wenden
wollen, ohne ihre E-Mail-Adresse zu kennen, versehentlich
der beanstandeten EMail-
Adresse bedienen mit der Folge, daß die entsprechende Korrespondenz
statt bei den Klägern bei den Beklagten eingeht. Eine möglicherweise
verbleibende
Gefahr von Irrläufern ist jedenfalls nicht größer als bei der
auf herkömmlichem
Wege versandten Korrespondenz. Sie ist Folge der von den
Klägern hinzunehmendenÄ hnlichkeit der beiden Kanzleibezeichnungen.
2. Zum Schadensersatzantrag:
In dem Umfang, in dem die Beklagten hinsichtlich der Verwendung des
Domain-
Namens “vossius.de” zur Unterlassung verpflichtet sind, besteht
dem Grunde
nach auch die Verpflichtung, den Klägern den aus diesem Verhalten
entstandenen Schaden zu ersetzen. Entgegen der Auffassung der Revision
ist es aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht
von einem Verschulden
der Beklagten ausgegangen ist. Im gewerblichen Rechtsschutz
werden
an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen
gestellt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsirrtum nur dann entschuldigt,
wenn
der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
mit einer anderen
Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte.
Fahrlässig
handelt
daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich
Zulässigen
bewegt,
in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung
der
rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muß (vgl.
BGH, Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, Umdr. S. 19 f. – shell.de,
m.w.N.).
Der das Unterlassungsgebot einschränkende Zusatz kann hier entfallen,
weil ein aufklärender Hinweis in der Vergangenheit nicht vorhanden war.
3. Zum Auskunftsantrag:
Zur Berechnung ihres Schadens können die Kläger Auskunft darüber
verlangen,
seit wann und in welchem Umfang die Beklagten den Domain-Namen“
vossius.de” benutzt haben. Der weitergehende Antrag, mit dem die Kläger
erfahren
wollen, in welchem Umfang über die Internet-Seite der Beklagten
Kontakt zu
späteren Mandanten entstanden ist und welche Honorareinnahmen hierdurch
erzielt
wurden, ist nicht begründet. Den Beklagten ist es nicht zuzumuten, die Kläger über
Umstände zu informieren, die unter die anwaltliche
Verschwiegenheitspflicht (§ 43a Abs. 2 BRAGO, § 2 BORA, § 39a
Abs. 2 PatAnwO) fallen. Insbesondere
kann von den Beklagten nicht verlangt werden, den Namen
von Mandanten
zu offenbaren, die möglicherweise früher die Dienste der Kläger
in Anspruch
genommen haben, dann aber – aus welchen Gründen auch immer – zu
den Beklagten übergewechselt sind. Den Bedenken, die sich aus dem
Verschwiegenheitsgebot gegen eine weitergehende Auskunftsverpflichtung
ergeben,
könnte auch mit einem Wirtschaftsprüfervorbehalt nicht begegnet
werden, weil die
Kläger auch auf diese Weise in Erfahrung bringen könnten, welche
(konkret bezeichneten)
früheren Mandanten zu den Beklagten gewechselt sind. Honorareinnahmen
wären nur dann aussagekräftig, wenn sie bestimmten Mandaten
zuzuordnen wären und die Kläger darlegen könnten, daß sie, die Kläger,
in diesen
Fällen mandatiert worden wären.
4. Zum Löschungsanspruch:
a) Den Klägern steht ein auf Löschung gerichteter Beseitigungsanspruch
hinsichtlich der Domain-Namen “vossius.de” und “vossius.com” schon
deswegen
nicht zu, weil – wie oben unter II.1.b)cc)(2) dargelegt – die
Verwendung dieser
Domain-Namen auch im geschäftlichen Verkehr nicht unter allen Umständen
untersagt
werden kann.
b) Im Streitfall kommt hinzu, daß die Beklagten als Träger des bürgerlichen
Namens Vossius ein berechtigtes Interesse an der Verwendung
des entsprechenden
Domain-Namens für private Zwecke haben können und daß eine
solche
Verwendung zumindest hinsichtlich von “vossius.com” auch
in Rede steht. Die
kennzeichenrechtlichen Ansprüche aus §§ 5, 15 MarkenG
beziehen sich jedoch
immer nur auf eine Verwendung der Domain-Namen im geschäftlichen
Verkehr. Selbst wenn die Kläger beanspruchen könnten, daß die
Beklagten die beanstandeten
Domain-Namen im geschäftlichen Verkehr nicht mehr verwenden, käme
ein
Beseitigungsanspruch daher nur in Betracht, wenn den
Beklagten auch die Verwendung
der beiden Domain-Namen im privaten Verkehr untersagt
werden
könnte. Das ist indessen nicht der Fall.
Ein solcher Anspruch könnte sich lediglich aus § 12 BGB ergeben.
Zwar haben
die Kläger durch Benutzung auch ein Namensrecht an der Kanzleibezeichnung“
Vossius & Partner” erworben. Ein Anspruch auf Unterlassung
und Beseitigung
käme indessen nur in Betracht, wenn den Klägern an den in Rede
stehenden
Domain-Namen wesentlich bessere Rechte zustünden als den Beklagten.
So
hat der Senat im Falle “shell.de” der dort klagenden Deutschen
Shell GmbH aus
der berühmten Marke und dem berühmten Firmenschlagwort “Shell” ausnahmsweise
einen auch auf den privaten Verkehr bezogenen Unterlassungsanspruch
sowie einen Anspruch auf Löschung (Verzicht auf die Registrierung) gegenüber
einem Beklagten zugebilligt, dessen bürgerlicher Name ebenfalls
Shell lautete.
Die berechtigten Interessen der Shell GmbH an diesem
Domain-Namen überwogen
dort deutlich das Interesse des Trägers des bürgerlichen Namens
(BGH, Urt.
v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, Umdr. S. 11 ff. – shell.de).
In der Regel sind jedoch
Gleichnamige, die als berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen
in Betracht
kommen, hinsichtlich der Registrierung ihres Kennzeichens
als Domain-
Name dem Gerechtigkeitsprinzip der Priorität unterworfen (vgl. BGHZ
148, 1, 10– Mitwohnzentrale.de; BGH, Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, Umdr. S.
11 ff.–
shell.de). Dem muß sich grundsätzlich sogar derjenige unterwerfen,
der über
ein relativ stärkeres Recht verfügt als der Inhaber des Domain-Namens.
Denn im
Hinblick auf die Fülle von Konfliktfällen muß es im allgemeinen
mit einer einfach
zu handhabenden Grundregel, der Priorität der Registrierung, sein Bewenden
haben.
Im Streitfall können die Kläger keine Rechte
an einer Verwendung des Namens
Vossius in Alleinstellung beanspruchen; ihre namensrechtlichen
Ansprüche
beziehen sich auf die vollständige Kanzleibezeichnung. Dagegen handelt
es sich
bei der als Internet-Adresse angemeldeten Bezeichnung
um den bürgerlichen
Namen der Beklagten zu 1, zu 2 und zu 3. Da die Kläger den Beklagten
die Verwendung
dieses Domain-Namens für private Zwecke nicht untersagen könnten,
können sie auch den Verzicht auf die Registrierung nicht beanspruchen.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben,
soweit die Beklagten
zur Löschung und über die eingeschränkten Verpflichtungen
zur Unterlassung
und Auskunftserteilung hinaus verurteilt worden sind
und ihre weitergehende Verpflichtung
zur Leistung von Schadensersatz ausgesprochen worden
ist. In Abänderung
des landgerichtlichen Urteils ist die weitergehende
Klage auf die Berufung
der Beklagten abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
(...)
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